Europas Schande

Plötzlich wurde letzte Woche in Edingen-Neckarhausen wie in der ganzen Bundesrepublik die eine Veranstaltung nach der anderen gecancelt, denn soziale Kontakte sollten auf das Nötigste reduziert werden. Dennoch trafen sich am Mittwoch 1000 Personen um über eine Krise zu reden, die nicht Corona-Epidemie heißt, aber Gefahr läuft, durch diese vollkommen aus der Aufmerksamkeit der Europäer verdrängt zu werden und auch verschlimmert zu werden. Das Gespräch, das die Überschrift Europas Schande trug, wurde über das Internet geführt. Dazu eingeladen hatte der grüne Europaparlamentarier Sven Giegold. Dabei waren Erik Marquardt (ebenfalls MdEP für die Grünen), Carola Rackete (Kapitänin der Sea-Watch 3) und Carolin Emcke (Journalistin) und um die tausend interessierte Zuhörer.

Erik Marquardt befindet sich auf Lesbos, wo 20.000 Flüchtlinge in vollkommen überfüllten Lagern ausharren. Er beschrieb, wie die Drohungen von Erdogan, Millionen Flüchtlinge nach Europa zu schicken und die martialischen Reaktionen der griechischen Regierung dazu geführt haben, dass Rechtsradikale u.a. aus Deutschland sich ermutigt gefühlt hätten, auf der Insel Angst und Schrecken zu verbreiten. Carola Rackete berichtete, dass Corona dazu führe, dass Rettungsschiffe trotz nachgewiesener Nichtansteckung der Crewmitglieder in Quarantäne gesetzt werden und nicht aufs Meer dürfen. Auch wenn es schmerzt; Europäer sollten wissen, dass seit 2014 über 20.000 Menschen vor der Südgrenze des Kontinents ertrunken sind und dass es die europäische Seenotrettung nicht mehr gibt. Carolin Emcke sprach davon, wie, spätestens seit dem Deal mit Erdogan 2016, Flüchtlinge davon abzuhalten, nach Europa zu kommen, das Asylrecht Europas nur simuliert werde. Der Deal sollte den Europäern Zeit kaufen, um eine Lösung zu suchen. Sie wurde nicht gefunden.

Es ist sehr erfreulich, dass es Menschen, wie die oben zitierten gibt, die sich trauen, genau hinzuschauen und zu helfen.

Fest steht: Das Ergebnis des europäischen Versagens ist, dass Menschen, die vor Krieg und Elend in Gummibooten über das Mittelmeer geflohen sind und das überlebt haben, nicht weiter kommen, sondern auf den griechischen Inseln feststecken und nun Gefahr laufen, von Menschen, die die europäischen Ideale mit Füßen treten, verprügelt zu werden.
Und als wäre das alles nicht genug kommt Corona dazu.

Am Ende der Woche, in der Europa erst sich darüber entsetzte, dass die USA es wagten, uns die Einreise zu verweigern und dann anfing die eine Binnengrenze nach der anderen zu schließen, forderte die Organisation "Ärzte ohne Grenzen" die sofortige Evakuierung der Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln. Denn Menschen, die auf engstem Raum und ohne ausreichend Wasser, Seife, Desinfektionsmittel und Ärzte hausen, sind der "ideale Nährboden für COVID-19." sagen die Ärzte. Und sie schlussfolgern: "Es grenzt an eine kriminelle Handlung, wenn nichts unternommen wird, um die Menschen zu schützen.”
Hört ihnen jemand zu?




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